Vor 10 Jahren fand in Frankreich die letzte Generaldebatte mit internationaler Bedeutung zur musikalischen Vielfalt der Welt / zur Weltmusik statt, die vom Dachverband Zone Franche organisiert wurden:
2009 in Paris @ Sciences Po / 2011 in Paris @ Cité Nationale de l'Histoire de l'Immigration / 2013 in Marseille @ Villa Méditerranée
Diese Generaldebatten hatten Institutionen, Musiker:innen und Kreative sowie Aktivisten und Professionelle des Sektors aus der ganzen Welt mobilisiert.
In letzten zehn Jahren haben die Auswirkungen der Globalisierung zugenommen. Ebenfalls haben sich neue Debatten zu Identität und Nationalismus sich entwickelt. Die Klimakrise hat sich verschärft. Geopolitische Gleichgewichte haben sich erheblich verändert und Bevölkerungsbewegungen stellen die Fähigkeit vieler Länder in Frage, die / den ‚Anderen‘ mit ihrer Kultur willkommen zu heißen in Respekt der Menschenrechte und mit Menschlichkeit.
Es ist daher höchste Zeit die damaligen Überlegungen auf den Prüfstand der heutigen Realitäten des Sektors und der musikalischen Vielfalt weltweit zu stellen, um aktuelle Perspektiven zu entwickeln.
Von Weltmusik zu sprechen bedeutet, von den Kulturen der Welt zu sprechen, also von sich selbst und den anderen. Es geht um die Debatten über Künste und Kulturen außerhalb der Marktlogik, über interkulturellen und inter-identitären Austausch und Beziehungen, über den Unterschied von Vielfalt versus Standardisierung. Es geht darum, die Beziehung der Musik zur Gesellschaft zu hinterfragen und damit die Herausforderungen von politischer und wirtschaftlicher Macht anzunehmen.
In der Tradition der französischen Generaldebatten zur Weltmusik fand im September 2021 im Rahmen des Europäischen Kooperationsprojektes Migrants Music Manifesto eine zweitägige Generaldebatte zur Zukunft musiklischer Vielfalt in Köln statt.
Es wurde mit Musiker:innen, Produzent:innen und anderen professionellen und semi-professionellen Akteur:innen des Sektors aus offenen Netzwerken, Plattformen und anderen freien Strukturen sowie mit Stakeholdern aus Institutionen und Verbänden neue Impulse für eine Positionierung eines pluralistischen Musik-Öko-Systems der Zukunft diskutiert an Runden Tischen, auf Panels, in Vorträgen und bei Musik-Film-Expeditionen. Eine Delegation aus Frankreich war zu diesem Anlass in Köln.
Inspiriert von der französischen Generaldebatte zur Weltmusik 2009 in Paris fand 2010 erstmals eine Generaldebatte zur Zukunft musikalischer Vielfalt in NRW statt - die Globalflux Konferenz 2010.
Sie war ein erster nachhaltiger Impuls zur Selbstorganisation und Vernetzung der Aktiven des Sektors und wurde gefolgt von zahlreichen weiteren öffentlichen Diskussionen und thematischen Veranstaltungen zu wichtigen Themen der global-lokalen Musik in NRW: mehr hier.
Eine Delegation aus Frankreich war zu diesem Anlass in Köln.
Die Generaldebatten 2023 bis 2026 werden in Frankreich (Zone Franche) und in Deutschland (alba KULTUR) organisiert, um den deutsch-französischen Kulturdialog zu vertiefen.
Gemeinsam mit Sebastien Laussel (ZF), Cécile Héraudeau (ZF/Convivencia), Amandine Saumonneau (ZF), Cédric Taurisson (Maison des cultures du monde), Dorothée Engel (Institut du monde arabe), Camel Zekri (Athenor) und Marie-José Justamond (Festival Les Suds à Arles) gehört Birgit Ellinghaus (alba KULTUR) zum Comité Scientifique (Wissenschaftlicher Beirat) für die Deutsch-französischen Generaldebatten 2023-2026.
Hier eine Vorschau auf das Programm der kommenden vier Jahre.
#1. Schwerpunkt: Musik und Geopolitik
im Rahmen von ¡FRANCHEMENT!
Datum: 19./20.09.2023
Ort: Théâtre de l'Alliance Française, Paris/ France
Panel 1) Kulturelle Zusammenarbeit (in Frankreich, in Europa und weltweit) zwischen 'Entwicklunghilfe' und echtem Austausch mit lokalen Akteuren - oder Softpower kultureller, künstlerischer und wirtschaftlicher Gleichförmigkeit
Panel 2) Welchen Platz hat Weltmusik in einer multipolaren Welt mit unterschiedlichen Spannungen?
Panel 3) Dekolonisierung und Restitution: Wie sieht es mit immateriellem Kulturerbe und Musik aus?
Panel 4) Musik und (Im-)Migration: Einflüsse und Zusammenhänge von Migrationen auf musikalische, soziale und kulturelle Ideen für ein neues Weltbild.
#2 Schwerpunkt: Musik(en) und Kultur(en) im Zentrum der Globalisierung und Marktlogik
Nach einer ersten Ausgabe im September 2023 im Théâtre der Alliance Française in Paris wird die 2. Generaldebatte zu den Musiken der Welt in Toulouse stattfinden - organisiert von Zone Franche in Zusammenarbeit mit dem Festival Rio Loco und der Fédération Octopus (Verband für aktuelle Musik in Okzitanien)
Datum: 12./13.06.2024
Ort: Les Abattoirs, FRAC Occitanie im Rahmen des Festival Rio Loco, Toulouse/ France
Panel 1) Kann Kultur durch das Prisma der Kreativwirtschaft betrachtet werden?
Panel 2) Konzentrationsphänomene im Zusammenhang mit der Globalisierung und ihre Folgen für Musik, Medien, Gesellschaft usw.
Panel 3) Wie sieht es mit der öffentlichen Kulturpolitik, insbesondere der Musik, und ihrer Rolle angesichts wirtschaftlicher Zwänge und europäischer Vorgaben aus?
Anmeldung: hier
#3 Schwerpunkt: Europäische Verbände und Netzwerke der Weltmusik
Datum: 2025 (genaues Datum wird im Laufe des Frühjahr bekanntgegeben)
Ort: n.n. NRW/ Deutschland
Panel 1) Perspektiven der deutsch-französische kulturellen Zusammenarbeit rund um die Musiken der Welt
Panel 2) Weltmusik in großen Konzerthäusern und anderen Orten für klassische Musik in Europa
Werkstatt-Tag 3) Treffen der europäischen Netzwerke der Weltmusik: Ausarbeitung eines Manifests zur Zukunft der Weltmusik
#4 Schwerpunkt: Indigene Musik und Kulturen
Panel 1) Musiker von hier und anderswo: Popmusik und Diaspora
Panel 2) Ethik und Ästhetik(en) der Institutionalisierung von Musik
Panel 3) Kulturelle Rechte: Wie kann man an ihnen arbeiten, sie neu erfinden und internationalisieren?
Panel 4) Weitergabe von Musik und Wissen - eine Frage der Zukunft von musikalischen Vielfalt
#5 Schwerpunkt: Weltmusik versus Ethno-Futurismus
Panel 1) Prinzipien und Werte eines Ethno-Futurismus
Panel 2) Fragilität populärer und indigener Kulturen:
Rettet der Ethno-Futurismus vom Verschwinden bedrohte Musik?
Panel 3) Dynamik junger urbaner Musik mit traditionellen Wurzeln
Panel 4) Dekolonisierung digitaler Plattformen: Wird KI die Traditionen und das kulturelle Erbe finden?