Datum: 13.09.2021 - Teil 1
Ort: Alte Feuerwache Köln
Zeit: 14.30h - 18.00h
Datum: 14.09.2021 - Teil 2
Treffpunkt: 10.00h Stadtkirche St. Petri Dortmund
Ganztägige Exkursion Dortmund
Datum: 15.09.2021 - Teil 3
Ort: Alte Feuerwache Köln
Zeit: 10.00h - 13.00h
Unter der Leitung von Prof. Dr. Barbara Welzel (Technischen Universität Dortmund) und Prof. Dr. Eckehard Pistrick (Universität zu Köln) werden Studierende des Fachbereichs Kunstgeschichte (Dortmund) und des Instituts für Europäische Musikethnologie (Köln) sowie weitere Studierende gemeinsam mit fünf herausragenden Musiker*innen aus NRW aus verschiedenen Musikkulturen eine musikalische und klangliche Expedition unternehmen. Ort der Expedition ist ein besonderer Raum in Dortmund: die Stadtkirche St. Petri.
Ort der Expedition ist ein besonderer Raum in Dortmund: die Stadtkirche St. Petri.
Dieser auf das Mittelalter zurückgehende Bau wurde im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und dann in einer neu errichteten Stadt als Ort der historischen und kulturellen Rückversicherung wiederaufgebaut. Hier wird mit dem flandrischen Flügelaltar von 1521, dem so genannten „Goldenen Wunder“, ein herausragendes Kunstwerk des frühen 16. Jahrhunderts bewahrt. Er ist Zeugnis zahlreicher kunsthandwerklicher und künstlerischer Netzwerke. Die Stadtkirche St. Petri ist ein Ort, der eine besondere städtische Biographie verkörpert. Ein Ort, in dem die Spannung zwischen säkularem Kulturerbe und Religion erkundet werden kann. In wissenschaftlicher und musikalischer Auseinandersetzung mit diesem Ort werden Zugänge zu kulturellem Erbe in inter- und transkultureller Perspektive diskutiert und erkundet. Zugleich findet eine Auseinandersetzung mit den Konzepten von materiellem und immateriellem Kulturerbe statt. Dabei wird auch das Thema Heimat und Beheimatung eine wichtige Rolle spielen.
Die eingeladenen Musiker*innen, die aus verschiedenen Kulturkreisen stammen, werden sich mit ihren Instrumenten in einen Dialog mit diesem Ort begeben, zusammen mit jeweils einer kleineren Gruppe von Studierenden. Auf ihre spezifische künstlerische Art befragen, kommentieren, ergänzen und übersetzen sie den Raum und dessen Objekte in Klänge. Dabei wird zunächst die Eigenklanglichkeit des Raums und seiner Objekte mit Methoden der Sound Studies untersucht und verstärkt, dann mit verschiedenen Instrumenten Kulturen bespielt.
Ein offener interkultureller Dialogprozess zwischen den teilnehmenden Studierenden und Musiker*innen mit Migrationserfahrung, an dessen Ende eine klangliche Reflektion steht, gewonnen aus der intensiven Auseinandersetzung mit ästhetischer Erfahrung aber auch kultureller Erinnerung und Imagination.
Im Rahmen der Konferenz / Generaldebatte des Migrants Music Manifesto werden die Ergebnisse der Expedition vorgestellt und kommentiert: Link 17.09.2021 um 19.30h Tiefenbohrung: 40 Jahre Weltmusik in Deutschland - Creative Lives in transkulturellen Ensembles
Dr. Barbara Welzel ist Professorin für Kunstgeschichte und Kulturelle Bildung an der Technischen Uni Dortmund. Von 2011 bis 2020 war sie dort Prorektorin Diversitätsmanagement. Seit 2019 ist sie Wissenschaftliche Leiterin des Campus Stadt der TU Dortmund im Dortmunder U.
Sie forscht und lehrt u.a. zur Kulturgeschichte der Stadt und zu kulturellem Erbe in interkultureller Perspektive, hier immer wieder auch zu Kirchen und ihren Ausstattungen als Erinnerungsorte Europas. Sie hat zahlreiche Bildungsprojekte initiiert und durchgeführt, die sie zugleich als experimentelle Räume für Forschung und Lehre geöffnet hat.
Prof. Dr. Eckehard Pistrick vertritt seit 2017 die Juniorprofessur am Institut für Europäische Musikethnologie der Universität zu Köln und arbeitet als assoziiertes Mitglied am Centre de Recherche en Ethnomusicologie, Paris.
Von 2009 - 2017 war er Dozent für Musikethnologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, an der er auch promoviert hat. Seine Forschungen konzentrieren sich auf die Themenfelder Musik und Migration und die Musik Südosteuropas. Seit 2018 koordiniert er das interkulturelle Musikprojekt Orpheus XXI von Jordi Savall in Deutschland. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist er auch musikjournalistisch, als Hörfunkautor für BR Klassik und als Kurator tätig.
Arezoo Rezvani, die in Isfahan / Iran geboren wurde, begann mit 18 Jahren die Santur (Persisches Hackbrett) zu spielen gab nach nur neun Monaten ihr erstes Konzert. Sie wurde als Talent des Jahres prämiert, bestand die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule und war eine der ersten Studentinnen im Fachbereich Persische Musik an der Guilan Universität in Rasht.
Während ihres Studiums hatte sie die Möglichkeit von Meistern wie Ardevan Kamkar, Aydin Alinasab und Afra Atrae zu lernen. Daneben gab sie Santur Unterricht für Student*innen und Familienangehörige von Angestellten iranischer Ölgesellschaften in Asaluyeh. 2011 bestand sie ihren Bachelor mit Auszeichnung.
Als Musikerin spielte sie bis 2015 im Orchester Banovan Scheyda unter der Leitung des iranischen Meistermusiker Mohammad Reza Lotfi. Von ihm lernte und vertiefte sie das Radif der persischen Musik und wurde später ausgewählt das von ihm komponierte Werk „Chahar Mezrab“ zu präsentieren. Überdies gründete und leitete sie das erste Frauenorchester für persische Musik in Isfahan.
Ihr erstes internationales Konzert gab Arezoo Rezvani in den Niederlanden, es folgten weitere in Deutschland, Italien, Portugal, Österreich und der Türkei. Seit 2016 lebt sie in Nordrhein-Westfalen. Sie spielt zusammen mit vielen Top Musiker*innen, hat als Zusatzausbildung den Zertifikatslehrgang Musikpädagogik an der Landesmusikakademie NRW in Heek erfolgreich absolviert und inzwischen ihr eigenes Ensemble gegründet.
Die Sängerin, Komponistin und Tembûr-Spielerin Astare Artner hat kurdische Wurzeln und wuchs in Österreich auf. Im Alter von sechs Jahren kam sie in Berührung mit der spirituellen Alevi Musik, die ein fester Bestandteil ihrer Kultur ist. Mit 10 Jahren besuchte sie das Franz Schubert Konservatorium in Wien und erlernte unter der Leitung von Mansur Bildik und später von Nusret Firat, das Spiel auf der Langhalslaute Saz.
1999 nahm Astare in Istanbul ihr erstes Musikalbum auf. 2005 zog sie nach Frankreich und begann in der französischen Weltmusikszene Fuß zu fassen. Es folgten diverse internationale Projekte und Konzerte. So moderierte sie unter anderem eine eigene Musiksendung in einem kurdischen Fernsehsender. 2013 zog sie nach Köln. Nach einer kreativen Pause gab sie ab Sommer 2019 erneut Konzerte, u. a. in Köln, Palermo sowie beim Unity in Diversity Festival in Köln mit dem Istanbuler Jazzpianisten Saki Cimen. Aktuell arbeitet sie mit einem Istanbuler Label an ihrem neuen Musikalbum. Digital ist sie an verschiedenen grenzüberschreitenden Projekten beteiligt.
Astares Repertoire besteht hauptsächlich aus alten mystischen und spirituellen Liedern der alevitischen Tradition sowie Eigenkompositionen, zu denen sie sich auf ihrer Tembûr begleitet. Größtenteils singt sie in ihrer Muttersprache Zazaki. Dies ist eine indogermanische alt-iranische Sprache, die von der UNESCO auf die Liste der bedrohten Sprachen gesetzt wurde. In den Texten geht es hauptsächlich um die Natur und die Quelle der Existenz, die Liebe. Die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer, Luft kommen in fast all ihren selbstkomponierten Stücken vor. Dabei nimmt sie ihre Inspiration aus den ihr bekannten und überlieferten jahrhundertealten mystischen Motive und Traditionen.
Alhousseini Anivolla gehört zum Volk der Imuhar oder Kel Tamashek. Als Sohn von Nomaden erlebte er Kindheit und Jugend in der Sahara, hütete Ziegen und Kamele bis die Familie bedingt durch die Dürre 1987 in die Hauptstadt Nigers Niamey umsiedelte. Hier brachte er sich autodidaktisch Gitarre bei und wurde schnell zu einem begehrten Begleitgitarristen anderer Wüstenblues-Gitarristen wie Abdallah Oumbadougou und der Gruppe Tinariwen. Später schloss er sich der Band Etran N'Guefan an, aus der 2004 Etran Finatawa wurde. 2007 wurde er Bandleader, Hauptsänger und Komponist der Gruppe, mit der er rund um den Globus tourte. Er spielte u. a. bei WOMAD UK, Sines Portugal; Grassroots Festival US; WOMADELAIDE und Capetown Jazz Festival und 2010 auch im Klangkosmos NRW. Seit 2012 verfolgt er eine Solokarriere und gründete sein neues Ensemble Anewal, was in seiner Muttersprache „der Wanderer“ bedeutet. Integraler Bestandteil seiner Arbeit ist der künstlerische Austausch. So hat er mit vielen internationalen Künstlern kooperiert u. a. mit Guy Buttery SA; Maarja Nuut (Estland), Huun-Huur-Tu (Rep. Tuva); Girum Mezmur (Äthiopien). Insgesamt hat er sieben Alben veröffentlicht.
Alhousseini Anivolla nutzt seine Musik, um auf der ganzen Welt auf den kulturellen Reichtum seines Volkes und der vielen Kulturen Nigers aufmerksam zu machen. In seinen Liedern und Beiträgen in Interviews und Gesprächsforen warnt er vor dem Verlust der kulturellen Vielfalt auf der ganzen Welt. Kulturerhalt ist sein zentrales Thema. Er spricht von gesellschaftlichen Veränderungen, Klimawandel und den direkten Auswirkungen auf sein Volk. Mit großem Bedauern kommentiert er die Konflikte in der Sahara und ruft immer wieder zu Versöhnung und Frieden auf. Er engagiert sich seit 2005 intensiv im Bildungsbereich. In Workshops in Schulen bringt er Kindern und Jugendlichen auf der ganzen Welt das Leben als Nomade nahe. Auch im eigenen Land sensibilisiert er Jugendliche für Traditionen und Identitätserhalt als Mittel im Kampf gegen die Armut.
Der in Indien geborene Hindol Deb Sardar bekam bereits ab dem Alter von fünf Jahren Sitar Unterricht von seinem Vater Sri Panchanan Sardar und erhielt seine weitere Ausbildung von Lehrern wie Pandit Santosh Bannerji und Pandit Deepak Chowdhury. Als talentierter Sitar-Spieler und Komponist der jüngeren Generation findet er vor allem Anerkennung wegen seines Spiels, das sich durch eine Kombination aus technischer Finesse und einem tiefen Gefühl der Reife auszeichnet.
Von der Carnegie Hall erhielt er 2012 eine Einladung um in einem Musikaustauschprogramm mit den dortigen Alumni-Musikern zusammenzuarbeiten. Danach folgte auf Einladung des französischen Kulturministeriums eine Residenz bei den Récollets International in Paris, auf Einladung des schwedischen Rikskonzerten die Teilnahme am Ethno Programm und auf Einladung des Goethe Institut eine Residenz in Deutschland, um an seinen Eigenkompositionen zu arbeiten. 2017 machte er an der Hochschule für Musik in Köln seinen Master in Jazz Improvisation.
Verwurzelt in der indischen Klassik beschäftigt er sich mit der Entwicklung und Erforschung neuer stilistischer Kombinationen mit anderen Musikgenres: indische Musik mit zeitgenössischer westlicher Klassik, Jazz, Flamenco, nordischem Folk oder Balkanmusik. Sein Interesse gilt besonders der Komposition für westliche Instrumente.
Hindol Deb Sardar tritt als Solist in vielen Ländern der Welt auf, initiiert Cross-Over Projekte mit Musikerkolleg*innen in den Bereichen Jazz und neuer Musik, u. a. mit Sebastian Gramss, Mattias & Nina Perez, Marcus Stockhausen und schreibt Musik für Tanz- und Performanceprojekte, u. a. arbeitete er 2019 mit Marina Abramovic zusammen an ihrem Projekt „Anders Hören“ in der Alten Oper Frankfurt.
Als engagierter Lehrer gibt er Sitar-Unterricht und leitet Workshops für klassische indische Musik, Interpretation indischer Musik im westlichen Musikkontext und Improvisation. Er arbeitet als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, der Rheinischen Musikschule Köln, der Popakademie Mannheim, in Arvika, Karlstad und an der Universität Lund in Schweden.
Geboren in der nordargentinischen Region Jujuy, stammt Rafael Montero aus einer indigenen andinen Familie vom Volk der Kolla. Von frühester Jugend an wurde er in der Familientradition mit überlieferten Instrumenten, Spieltechniken, den schamanischen Ritualen und Festen vertraut gemacht. Dabei dient die Musik dazu, harmonische Verbindungen zwischen Himmel und Erde zu beschwören. Der andine Karneval ist ebenso Teil davon, wie das prähispanische Sonnenfest Inti Raymi und das Fest für die Göttin Pachamama, die personifizierte Erdmutter, die Leben schenkt und Vermittlerin zwischen den Welten ist. In diesen Ritualen ist der Gesang untrennbar mit dem Spiel der Instrumente verbunden. So lernte Rafael Montero neben den verschiedenen Perkussionsinstrumenten und dem Blasinstrument Erquencho (ein Einfachrohrblattinstrument, das aus einem Kuhhorn ohne Fingerlöcher besteht) auch seine kraftvolle und klare Stimme zu benutzen, um das komplexe traditionelle Repertoire der Kolla zu singen, das ihm seine Eltern beibrachten.
Am Staatlichen Konservatorium im argentinischen Córdoba hat er Gesang sowie Alte und Kammermusik studiert. Am Conservatoire de Musique de Neuchâtel setzte er sein Studium bei Prof. Rosa Maria Meister fort und spezialisierte sich auf spanische und südamerikanische Barockmusik der Renaissance sowie auf romantische und zeitgenössische Musik aus Lateinamerika. Bei vielen Auftritten in ganz Europa und Lateinamerika hat er Lieder dieser Epochen vorgetragen. Als Tenor widmet sich Rafael Montero vor allem dem klassischen Liedrepertoire und der Kammermusik.
Eine besondere Leidenschaft hegt er für die musikalischen Traditionen seiner Heimat. Als Sänger und Spezialist für indigene andine Perkussion auf den Instrumenten Caja, Chas Chas und Erke ist Rafael Monero ein gern gesehener Gastmusiker in verschiedenen Ensembles.
2020 wurde er von der Kunstiftung NRW für sein Projekt „Veränderungen“ ausgezeichnet und erhielt ein Stipendium für sein Projekt „LGBTQ in indigenen Kulturen und zeitgenössischer Musik in Lateinamerika“.
Institut für Europäische Musikethnologie - Uni Köln www.hf.uni-koeln.de |
Institut für Kunst und Materielle Kultur - TU Dortmund www.kunst.kmst.tu-dortmund.de |