Datum: Sonntag 19.09.2021
Ort: Alte Feuerwache Köln
Session 21
Zeit: 11.30h – 13.00h
Panel in Englisch
Diese Diskussionsrunde soll anknüpfen an die großen Traditionen der Kölner Musikszene, die nicht erst seit 1992 mit der legendären Manifestation von „Arsch huh, Zäng ussenander“ und „Birlikte – Zusammenstehen“ sich immer wieder gegen Rassismus, Neonazis und Ausländerfeindlichkeit positioniert. Sich für bedrohte Künstler einzusetzen und diese zu unterstützen, ist angesichts weltweit zunehmender Einschränkungen der künstlerischen Freiheit dringend geboten. Es gibt heute zahlreiche NGOs und weltweite Netzwerke, die an der Schnittstelle von Menschenrechten, Kunst und Kultur aktiv sind u.a. Freemuse, Martin Roth Initiative, ICORN - International Cities of Refuge Network, Artists at Risk Connection. Sie bieten Möglichkeiten das Bewußtsein für Bedrohungen der künstlerischen Freiheit zu schärfen und sich aktiv einzusetzen für solidarische Maßnahmen und Initiativen zum Schutz von verfolgten Künstlern. Bisher haben sich in Deutschland die Städte Frankfurt, Hannover und Berlin dem ICORN - International Cities of Refuge Networks angeschlossen und bieten insbesondere bedrohten Schriftstellern, Filmemachern und bildenden Künstlern temporäre Schutzaufenthalte.
Während der Projektwoche des Migrants Music Manifesto gab es zahlreiche Begegnungen mit wegen ihrer Musik verfolgten Künstler*innen. So mußten viele der Mitglieder des MMM Projektorchesters aus ihren Heimatländern fliehen - u.a. aus Afghanistan, Syrien, kurdischen Gebieten, Pakistan, Tibet und setzen nun ihre künstlerische Arbeit in NRW und Köln fort.
Wie kann NRW und/ oder die Musikstadt Köln auf diese Verantwortung antworten und temporäre Schutzaufenthalte insbesondere für verfolgte Musiker*innen ermöglichen?
Das Leitbild von l’Atelier des Artistes en Exil (Agency of Artists in Exile) lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Flüchtling sein ist kein Beruf!“. Wenn Künstler*innen ihre Heimat verlassen, bleiben sie Künstler*innen.
Als Basisinitiative im Herzen von Paris besteht die NGO seit 2017 und betreut über 200 Künstler*innen aus vielen Bereichen: Theater, Tanz, Kalligraphie, Film, Comedy, Storytelling, Grafik- und Performancekunst, Literatur und Musik. Sie alle beschäftigen sich in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung aus diversen Perspektiven heraus mit den gelebten Realitäten ihres Exils. Es ist die Aufgabe der Kunst, den Finger in die Wunden zu legen und den Unterdrückten eine Stimme zu geben, denn durch die Stimmen ihrer Künstler*innen können sich die Kulturen gefährdeter Länder weiterentwickeln. Darum ist es wichtig, dass gerade diejenigen, die ihre Heimat verlassen mussten, auch weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Kunst auszuüben.
Die Organisation, stellt ihnen Arbeitsräume zur Verfügung und stellt Kontakte mit Kolleg*innen französischer und europäischer Netzwerk her, um ihnen so die Möglichkeit zu geben, sich neu zu strukturieren und ihre künstlerischen Aktivitäten weiter auszuüben.
Dr. Judith Depaule
Die Direktorin und Mitbegründerin von L’Atelier des Artists en Exil ist Theaterregisseurin, absolvierte einen Masterstudiengang in Slawistik und schloss ein Postgraduiertendiplom (Paris III) in Darstellender Kunst mit einer Dissertation über 'Das Theater in den stalinistischen Lagern' ab. Sie ist Preisträgerin der Villa Médicis Hors les Murs und Knight in the Order of Arts and Letters (Ritterin im Orden der Künste und der Literatur). Als Autorin ist sie an Übersetzungen aus dem Russischen und verschiedenen Veröffentlichungen kritischer literarischer Artikel in Französisch und Russisch beteiligt. In ihrer Regiearbeit legt sie einen Schwerpunkt auf Rechercheuntersuchungen, Dokumentarfilm sowie den Einsatz von Multimedia und neuer Kommunikations- technologie. Sie wirkt bei verschiedenen Ensembles mit, konzipiert und entwirft Licht und Multimediashows, arbeitet mit bildenden Künstler*innen zusammen und für das Kino. Sie ist auch im sozialen Bereich tätig und erstellt Workshop-Shows mit Inhaftierten, Neuankömmlingen, Schüler*innen und Studierenden. Außerdem leitet sie auch professionelle Fortbildungsworkshops für Lehrende und Kulturschaffende über dokumentarische Dramaturgie sowie den Einsatz von Video im Theater und diskutiert mit ihnen über die Themen ihrer Performances.
Der in Teheran geborene Kioomars Musayyebi (1977) lernte das Santurspiel bei dem bedeutenden Meister Faramarz Payevar und in Musiktheorie und Komposition wurde er von dem bekannten Filmkomponisten Farhad Fakhredini unterrichtet. 2010 machte an der Teheran University of Art seinen Bachelor im Fach Instrumental Musik. Viele Jahre lang war er als Santurspieler und Komponist in mehreren iranischen Musikensembles tätig. Er hatte diverse Konzertauftritte im Ausland sowie in seinem Heimatland, u. a. beim Fadjr Festival in Teheran, zudem begleitete er von 2001 bis 2008 als Live Musiker Theaterproduktionen in der Vahdat-Halle in Teheran. Er produzierte auch Musik für Film und Werbung, sowie eine Reihe multimedialer Kindergeschichten auf DVD und sechs Unterrichts-CDs für den Santur Unterricht. Im Jahr 2008 gründete er seine eigene Musikschule in Teheran.
2011 kam er nach Deutschland, wo er weiterhin unterrichtet, komponiert und mit Musiker*innen aus Europa, Indien, Afrika und Ostasien sowie mit verschiedenen Ensembles konzertiert. Er nahm an mehreren Festivals und Musikwettbewerben teil, u.a. Musica Sacra International, Dastgah Festival, Creole NRW 2017 & 2019.
Von 2013 bis 2015 absolvierte er an der Universität Hildesheim sein Masterstudium im Fach „Musik.Welt – kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung“. Zeitgleich arbeitete er als Dozent für Santur am Center for World Music (CWM) – Stiftung Universität Hildesheim. Er ist Dozent für persische Musiktheorie an verschiedenen Institutionen und festes Mitglied beim Transorient Orchestra, der aktuell 12- köpfige Weltmusik-Bigband aus dem Ruhrgebiet. 2015 gründete er das Kioomars Musayyebi Quartett, spielt mit dem Stuttgarter „Orchester der Kulturen“ unter der Leitung von Adrian Werum, ist Mitglied beim „Nouruz Ensemble“ und beim Kollektiv „Beyond The Roots“ und ist auch weiterhin international als Live Musiker bei Theaterproduktionen tätig.
Der in Aleppo/Syrien geborene Musiker gehört zu den bekanntesten Hip-Hop-Künstler der ersten Stunde im Nahen Osten. Er studierte Technische Informatik sowie Grafik und Filmschnitt und beschäftigt sich seit seiner Jugend mit Sport, Wissenschaft, Kunst und Literatur. Seit jener Zeit interessiert er sich vor allem auch für Musik, insbesondere Rap & Hip-Hop, die am stärksten beeinflusst von Ice Cube. In seiner Musik folgte er dem Hardcore-Stil und tritt seit über zwanzig Jahren auf unter dem Künstlernamen Murder Eyez (was so viel bedeutet wie der, Furchtlose oder der, der sich nicht unterwirft). Er nahm an vielen Festivals in Syrien, Libanon, Jordanien, Katar, Dubai, Ägypten, Deutschland teil, performte bei vielen großen Konzerten zusammen mit arabischen und ausländischen Stars innerhalb und außerhalb Syriens. Er repräsentierte Syrien beim Arab World Unite Song, der Rapper aus allen arabischen Ländern in einer arabische Rap & Hip-Hop Bewegung vereinte. Die Themen seiner Lieder beschäftigen sich mit sozialen und politischen Problemen und handeln von Realität und dem Lebenskampf der Menschen im Allgemeinen.
Nach dem Ausbruch des Syrien-Krieges kam er nach Deutschland. Heute lebt er in Köln und arbeitet als Kulturmanager, Medienproduzent, Videoredakteur beim Deutschen Fernsehen, veranstaltet Events und Festivals und setzt auch seine Musikkarriere fort.
Er ist Gründer/Eigentümer von Big Change Productions und stellvertretender Geschäftsführer von Maqqam Productions, leitet seit 2017 das PEACE FESTIVAL im Bürgerzentrum Ehrenfeld in Köln, ist Initiator der Habibi Nights Events im Club Bahnhof Ehrenfeld in Köln und Mitbegründer von Arabeske TV, einem online Sender für Geflüchtete aus dem arabischsprachigen Raum. Als Medienpädagoge leitet er in Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen Film- und Musikprojekte, wie das Musikprojekt Arabesque on air oder das Radioprojekt Shabablek on air – open Studio des Bürgerfunks von Radio Köln und setzt sich besonders für die Integration und kulturelle Teilhabe von Menschen mit Fluchtgeschichte ein.
CAE (Culture Action Europe) wurde 1994 unter dem Namen European Forum for Arts and Heritage (EFAH) gegründet. Vorwiegend als „Netzwerk von Netzwerken“ zielte es darauf ab, einen kontinuierlichen Dialog und Wissensaustausch zwischen dem Kultursektor in Europa und den politischen Entscheidungsträgern der EU aufrechtzuerhalten.
„Engaging with MENA Cultural Agents in the EU“ ist ein Projekt, das von CAE in 2021 durchgeführt wird. Es richtet sich gezielt an Künstler, Kulturschaffende und Kulturorganisationen aus der MENA-Region, dem Nahen Osten und Nordafrika, die in den Ländern der Europäischen Union leben und arbeiten und zielt darauf ab, das Bewusstsein für die spezifischen Lebensumstände dieser Künstler*innen und Kulturakteur*innen zu schärfen. Außerdem werden politische Empfehlungen zu diesen Themen entwickelt und in die Interessenvertretung aufgenommen.
Yamam Al-Zubaidi
Der mehrsprachige Spezialist für Politikentwicklung und Interessenvertretung sowie für Gleichstellungs-, Diversitäts- und Kulturpolitik ist als unabhängiger Berater & Mitglied der Geschäftsleitung CAE tätig. Er hat Linguistik studiert, einen Master in Entscheidungs- und Risikoanalyse gemacht, verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Verhandlung von politischen Aktivitäten, der Ausarbeitung von Strategiepapieren sowie in der Befürwortung der Umsetzung verabschiedeter Initiativen. Er war Ombudsmann für Gleichstellung und Diskriminierung in Stockholm, Vorstandsmitglied im Schwedischen Nationalrat für Erwachsenenbildung und als Gleichstellungs- und Diversitätsmanager in der CAE tätig. Der strategischer Denker und zielorientierte Profi arbeitet in funktionsübergreifenden Teams und beschäftigt sich zurzeit mit kulturpolitischen Themen sowohl in Schweden als auch auf EU-Ebene und ist Mitarbeiter beim „MENA Cultural Agents in the EU“ Projekt.
Mario Michalak langjähriger Sprecher des Ortsverbandes Köln-Lindenthal von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und setzt sich aktiv in Umwelt-, Flüchtlings-, Kultur- und Teilhabeprojekten ein. Er ist Mitglied des Kunst- und Kulturauschusses des Rates der Stadt Köln.
Er ist Jahrgang 1964 und mit brasilianischer Mutter und kölschem Vater im Rheinland wie in Italien aufgewachsen, lebt und arbeitet in Köln. Seit den 1980er Jahren ist er auf, vor und hinter der Bühne zu Hause. Er wurde im Pantomimentheater „Kefka“ von Milan Sladek geprägt. Nach einigen Kinder-, Kabarett- und Comedyprogrammen hat er auch einige Jahre vor der Kamera gearbeitet, unter anderem eine Kindersendung in der ARD moderiert. Mario Michalak ist Pantomime, Schauspieler, Komiker, Moderator, Dozent und Produzent und hat zahlreiche Produktionen im Theater-, Fernseh- und Eventbereich entwickelt und bei der Realisierung mitgewirkt.
ABGESAGT / Kurzfristig verhindert.
Der aus Witten an der Ruhr stammende Rundfunkredakteur und Moderator studierte Publizistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Berlin. Er ist seit 1978 als freier Reporter und Musik-Autor für zahlreiche Magazine und den ARD-Hörfunk tätig. So moderierte er u. a. 33 Jahre die World Music Sendung „Dschungelfieber“ (RadioEINS), war Herausgeber und Koordinator der World Music Charts Europe WMCE und Chair der World Music Gruppe der Europäischen Rundfunk Union (EBU). Von 1994 bis 2003 war er Musikchef bei SFB4-Radio Multikulti. In den letzten Jahren war er als Redakteur beim Rundfunk Berlin-Brandenburg, als Co-Organisator von Musik-Konferenzen und Messen sowie als Vorsitzender der Gesellschaft für traditionelle Musik Berlin tätig. Als RBB-Manager für die von der EU finanzierten internationalen Cultural Heritage-Audio-Projekte zur Förderung der virtuellen Bibliothek EUROPEANA, kuratierte er den multilingualen digitalen online Musik-Katalog DISMARC.org. Dieser führt Daten des kulturellem Erbe und kommerziellen Veröffentlichungen von über 1.000 Musik-Sammlungen aus mehr als 100 Institutionen zusammen und fungiert als Content-Provider für die EUROPEANA.
Für die European Broadcasting Union (EBU) hat er in Kooperation mit dem UNHCR das aLive Multimediaprojekt anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni 2015 initiiert. Flüchtlinge wurden eingeladen, einfache und private audiovisuelle Clips mit Liedern ihrer Wahl zu produzieren und spielen, die sie an ihre Heimat, des verlorene Leben und geliebte Menschen erinnern oder äußern Hoffnungen und Ängste über neue Entwicklungen in den veränderten Lebensumständen. Über das EBU-Netzwerk standen den angeschlossenen Sendern in Europa Video- und Begleitdokumente zur Einbindung in Programme und die eigenen Websites der Sender zur Verfügung.
Wir bedanken uns für die Übernahme der Reisekosten für Dr. Judith Depaule
Institut francais Köln www.institutfrancais.de |
Thalys www.thalys.com |