Datum: Freitag 17.09.2021
Ort: Alte Feuerwache Köln
Block 1 - Session 1
Zeit: 16.30h - 18.00h
In der Diskussionsrunde soll ausgelotet werden, ob musikalische Diversität der historische und/ oder aktuelle Normalfall in Europa ist. Es soll die Bedeutung musikalischen Vielfalt für kulturelle Transformationsprozesse diskutiert werden. Dabei sollen Anforderungen an die Gestaltung einer zukünftigen Musiklandschaft mit pluralistisch-diversen Akteuren und Musikkulturen identifiziert werden: für Regionen mit starken lokalen Musiktraditionen, in Deutschland mit dem grössten öffentlich geförderten System von Musikinstitutionen und im vereinten kosmopolitischen Europa. Es sollen Themen und Fragen im Mittelpunkt der Debatte stehen wie:
Welche musikalische Diversität wird von wem gemeint? Welche Rolle bei der Definition spielen die großen, einflußreichen Kulturinstitutionen und –organisationen in Deutschland und Europa, deren Gründung oftmals auf das 18./ 19. Jahrhundert zurückgehen? Was bedeuten Hybridität, Kreolisierung der Musiken und lokale Musiktraditionen weltweit für Identität und Soundästhetik? Welche Bedeutung haben superdiverse Musikformen für das immaterielle Kulturerbes in den Listen der UNESCO? Was sind die besonderen Herausforderungen gibt es für lokale Musikstile weltweit im Kontext (erzwungener) Migration? Welche neue Ansätze der Musikforschungen gibt es heute, um Entwicklungen und wichtige Themen einer vielfältigen Musiklandschaft in Europa zu identifizieren?
Und nicht zuletzt soll über dynamischen Netzwerke und Bewegungen widerständiger kultureller Diversität diskutiert werden - am Beispiel der Musiken im Kölner Karneval!
Monika Salzbrunn, promoviert in Anthropologie (EHESS Paris)/Soziologie (Universität Bielefeld), ist seit 2010 Professorin für Migration, Religion, Diaspora an der Universität Lausanne. Von 2011 bis 2015 war sie die erste weibliche Direktorin des Institut des Sciences Sociales des Religions Contemporaines. 2015 erhielt sie als erste weibliche Forscherin in der Schweiz den mit 2 Millionen Euro dotierten renommierten ERC (European Research Council) Consolidator Grant in den Geistes- und Sozialwissenschaften, um auf drei Kontinenten zum Thema ARTIVISM. Art and Activism. Creativity and Performance as Subversive Forms of Political Expression in Super-Diverse Cities zu forschen. Die gebürtige Kölnerin arbeitet insbesondere über politische Dimensionen des Karnevals in Genua, Viareggio, Köln und Paris. Sie setzt sich seit langem kritisch mit dem Begriff der Vielfalt/Diversity (transcript-Verlag 2014) auseinander und hat zahlreiche Publikationen über Musik, Kunst und Migration vorgelegt – zuletzt Dance, Music and (trans)nationalisms (REMI zuletzt 35, 3&4). Ihre Forschungsergebnisse veröffentlicht sie auch in Form von Filmen, Blogs und Comics. Weitere vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte Forschungsprojekte thematisieren 'L'islam (in)-visible en ville. Expressions matérielles et immatérielles des pratiques de l'islam dans l'espace urbain' sowie 'Undokumentierte Mobilität (Tunesien-Schweiz) und digital-kulturelle Ressourcen nach dem 'Arabischen Frühling''.
Monika Salzbrunn war Emmy Noether Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie Juniorprofessorin für Soziologie der Entwicklung und der Internationalisierung an der Ruhr-Universität Bochum. Im Weltverband frankophoner Soziologen (AISLF) leitet sie die Sektion Stadtforschung.
Die promovierte Literaturwissenschaftlerin war von 1987 bis 2004 als Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft, von 1991 bis 1995 Senatorin für Kultur und Ausländerintegration der Freien Hansestadt Bremen und zuletzt Vizepräsidentin des Landtags. Von 2004 bis 2019 war sie Mitglied des Europäischen Parlaments, gehörte der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz an und vertrat als Abgeordnete die Freie Hansestadt Bremen. Nach ihrer Wiederwahl 2009 war sie stellvertretende Vorsitzende des Kultur und Bildungsausschusses und haushaltspolitische Sprecherin der Grünen Fraktion. Gleichzeitig war sie Mitglied der China-Delegation und stellvertretendes Mitglied der Israel-Delegation.
Immer schon war die Kulturpolitik der Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit, so auch auf europäischer Ebene . Denn sie vertritt die Meinung, dass das Selbstverständnis Europas als historisches Projekt politischer Kooperation von kultureller Verständigung und kulturellem Austausch unterstützt und getragen werden muss. Als Mitglied im Mitglied des Beirats 'Kontaktstelle Vielfalt kultureller Ausdrucksformen' zum Fachausschuss für Kultur der Deutschen UNESCO Kommission setzt sie sich ein für den Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt und für einen fairen Interessensausgleich zwischen Künstler*innen/ Urheber*innen und Nutzer*innen.
Prof. Dr. Denis Laborde ist Professor für Musikanthropologie und lehrt an der École des Hautes Etudes en Sciences Sociales (EHESS) in Paris. Nach seinem Studium am Conservatoire national Supérieur de Musique (Paris) und widmete er sich als Dirigent schwerpunktmäßig zeitgenössischer Musik. Im Rahmen seines anschließenden Anthropologie- Studiums setzte er sich mit der Musikanthropologie westlicher Kulturen auseinander und schloss sein Studium mit einer Promotion in Sozialanthropologie und Ethnologie an der EHESS in Paris ab. In der Folge war er Forschungsdirektor am Marc Bloch Zentrum in Berlin und Studienleiter am Georg-Simmel-Zentrum Metropolenforschung (GSZ), einer interdisziplinären Koordinationsplattform für Stadtforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin.
2018 gründete er das ARI Institut (Anthropological Research Institute on Music) in Bayonne, das der Joint Research Unit 5319 Passages des Centre national de la recherche scientifique (CNRS) an der EHESS angeschlossen ist. Heutiger Forschungsschwerpunkt des Instituts sind die musikalischen Praktiken in Situationen der erzwungenen Migration. 2020 wurde Denis Laborde mit der Silbermedaille des CNRS ausgezeichnet.
Anna Steinkamp absolvierte Master in den Bereichen Public Policy und Kulturwissenschaften. Sie arbeitet seit 2017 als selbständige Beraterin für internationale kulturelle Zusammenarbeit und Projektmanagement. Dabei ist sie spezialisiert auf Strategien für Netzwerke der kulturellen Zusammenarbeit. Darüber hinaus begleite sie die Umsetzung von internationalen Projekten und berät bei der effektiven und nachhaltigen Durchführung komplexer Projekte im öffentlichen Sektor. Zuvor war sie über zehn Jahre lang für die Deutsche UNESCO-Kommission im Fachbereich Kultur tätig. In dieser Zeit hat sie das Programm „CONNEXXIONS – Knowledge Partnerships for Cultural Diversity“ mitgestaltet, um die Zivilgesellschaft im arabischen Raum zu stärken. Im Rahmen der deutschen Kontaktstelle für die UNESCO-Konvention zur Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (2005) war sie für die Beratung von politischen Akteuren sowie für die Koordination der zivilgesellschaftlichen Plattform „Bundesweite Koalition Kulturelle Vielfalt“ verantwortlich. Sie war Mitbegründerin und Koordinatorin des globalen U40-Netzwerks 'Cultural Diversity 2030' junger Experten*innen. In den Jahren 2014/15 leitete sie die Geschäftsstelle „Welterbekomitee 2015“, welche die Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees 2015 in Bonn organisierte.