Die Musiker*innen des „Afghanistan National Institute of Music“ (ANIM) in Kabul konnten nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 nach Portugal evakuiert werden. Dort wird nun das ANIM im Exil aufgebaut, um die grossen Musiktraditionen Afghanistans weiterzuführen und auch an eine jüngeren Generation von Musiker*innen weiterzugeben.
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Das ANIM Ensemble für traditionelle Musik spielt klassisches Repertoire der Kunstmusik aus den Städten Kabul, Herat, Kandahar und Mazar-i-Sharif, Hindustani-Musik wie Râgas aus der Blütezeit afghanischer Musikkultur sowie nordindische Kompositionen, Volkslieder und festliche Tanzmelodien verschiedener Regionen, unterschiedlicher Ethnien wie Paschtunen, Tadschiken, Usbeken, Hazara, Turkmenen und Belutschen, gesungen in verschiedenen Sprachen. Das Ensemble unternimmt nun von Portugal aus Reisen zu internationalen Gastspielen und Tourneen.
Das, was wir heute als afghanische Kunstmusik bezeichnen, ist mit seinen melodischen Skalen sehr nahe an der klassischen nordindischen Musik. Sie wurde vor allem im 19. Jahrhundert und später am Hof des afghanischen Königs gepflegt, der zahlreiche Musiker aus Britisch-Indien nach Kabul holte. Auch Musiker aus Kabul studierten bei Meistern in Indien und Pakistan. Es gab einen regen musikalischen Austausch in der gesamten Region. Instrumente wie die indische Kesseltrommel Tabla fanden Eingang in die afghanische Musik, und die afghanische Rubab wurde in Indien zur Sarod modifiziert. Die Stücke lassen sich im Wesentlichen in drei Gattungen einteilen: einfache instrumentale Stücke vor allem gespielt mit Rubab und Tabla, instrumentale Stücke in vier Teilen und lange instrumentale Suiten.
Daneben gibt es eine große Vielfalt volksmusikalische Lieder und Tänze aus allen Regionen des Landes, die zumeist in den Rhythmen Geda (4/4), Dadra (6/8) und Mogholi (7/8) gespielt werden.
Hintergrund zur Musikgeschichte Afghanistans: Download Info
Ustad Murad Sarkhosh - Ghichak, Gesang, künstlerische Leitung
Huma Rahimi - Sitar
Ramiz Safar - Afghanische Rubab
Ustad Bilal Asify - Harmonium
Ustad Ibrahim Ibrahimi - Tabla
Er wurde 1983 in der nord-östlichen afghanischen Provinz Badakhshan geboren. An der Universität Kabul hat er seinen Masterabschluss in Musikpädagogik abgelegt. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Musikpädagoge und Interpret afghanischer Musik. Nach seinem Abschluss an der Kunst- und Musikabteilung der Universität Kabul begann Ustad Murad Sarkhosh die wichtige Arbeit zur Erhaltung der afghanischen Volksmusik durch seine Lehrtätigkeit und seine weltweiten Auftritte u.a. in Deutschland, Finnland, England, der Schweiz, Schweden, Usbekistan, Tadschikistan, Indien und Amerika.
Seit 2006 war er Rektor des Afghanischen Nationalen Musikinstitut ANIM und unterrichtete an der Fakultät für afghanische Musik des Institutes. Diese Arbeit führt er nun seit der Evakulierung Ende 2021 im Exil in Lissabon/ Portugal am ANIM im Exil fort. Er ist der Gründer der Shughnan Music School in der nordöstlichen afghanischen Provinz Badakhshan. Von 2012 bis zur Evakuierung des ANIM nach Portugal gehörte er zum Safar Ensemble, das aus einer regelmäßigen Kooperation des Instituts in Kabul mit dem „Afghan Music Research Center AMRC“ der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar entstand und Lieder, Klänge und musikalisches Wissen zwischen Deutschland und Afghanistan hin und zurück trug. Heute leitet er das ANIM Ensemble für traditionelle und klassische afghanische Musik.
Er wurde 1992 während der schlimmsten Zeit des Bürgerkriegs in Afghanistan in Kabul geboren wurde. Damals floh seine Familie wegen des Krieges in Afghanistan nach Pakistan, wo er fast zehn Jahre in einem Flüchtlingslager lebte. Sein musikalisches Interesse begann, als sein Vater ihm ein kleines batteriebetriebenes Keyboard kaufte, um ihn im Lager zu unterhalten. Als Bilal Asify ungefähr 14 Jahre alt war, beschloß seine Familie wieder nach Kabul zurückzukehren, um ihr Leben neu dort aufzubauen nachdem die Taliban von der Regierung verdrängt waren und ein vorsichtiger Prozeß für die Befriedung des Landes begann. 2010 begann er ein Musikstudium am neu eröffneten Afghanistan National Institute of Music ANIM in Kabul. 2015 schloß er sein Studium als Pianist ab und erhielt eine Stelle als Junior-Fakultätsmitglied. Für ihn ging ein Traum in Erfüllung.
Während er an der ANIM unterrichtete, besuchte Bilal Asify die Kabul University für höhere Bildung, wo er 2019 seinen Master-Abschluß machte. Darüber hinaus wurde er für seine Fähigkeiten und sein Engagement für die Musik geschätzt, sodaß die ANIM Leitung ihm ein Stipendium an der American University of Afghanistan anbot, um ein ergänzendes BWL-Studium zu beginnen. Neben seiner Arbeit als Lehrer bei ANIM setzte er sich dafür ein, eine Musikergewerkschaft zu gründen, um afghanische Musiker über ihre Rechte aufzuklären und sich für Musiker- und Musikrechte der afghanischen Bevölkerung einzusetzen und die Beziehungen von Afghanistan mit der internationalen Gemeinschaft in der Musik zu fördern. Während er 2021 die Aufgaben des Leiters der Musik- und Musikwissenschaftsprogramme am Afghanistan National Institute of Music erfüllte, verschärfte sich die politische Krise bis 2021 die Taliban an die Macht zurückkehrten. Bilal Asify mußte mit seinen Familienangehörigen das Land verlassen und kam zusammen mit der ANIM-Community nach Portugal. Heute gehört er zur Leitung des ANIMP und leitet die Konzerte der ANIM-Ensembles Er ist spielt zudem das afghanische Harmonium im ANIM Ensemble für traditionelle Musik und ist aktiv als Leiter des ANIM Nahid-Ensembles. Bilal Asify setzt sich künstlerisch musikalisch, musikpädagogisch und als Musikaktivist für die Erhaltung der afghanischen Musik und Kultur ein, damit ihre Schönheit nicht in Vergessenheit gerät.
Aktuell ist er PhD Student an der Minho University in Braga/ Portugal in Ethnomusikwissenschaft und forscht über die Geschichte der Musikpädagogik in Afghanistan.
Sie wurde 1998 in der nördlichen Provinz Takhar in Afghanistans geboren. Huma Rahimi wuchs zunächst in einem Waisenhaus in Kabul auf, bevor sie ihre musikalische Ausbildung in klassischer Musik des Ostens zunächst in der Mittel- und Oberstufe am Afghanistan National Institute of Music ANIM begann. Danach setzte sie ihre Ausbildung mit einem Musikstudium mit dem Hauptfach Sitar am Indraprastha College for Women der University of Delhi in Indien fort. Dieses Studium schloss Huma Rahimi erfolgreich mit einem Bachelor in Hindustanischer Musik ab. Neben ihrer Ausbildung am ANIM spielte sie parallel in mehreren namhaften Formationen, wie etwa dem Zohra Orchestra, das als erstes reines Frauenorchester Afghanistans gilt, sowie im Afghanistan National Symphony Orchestra. Sie sammelte auch international wichtige Erfahrungen u.a. bei Konzerten im Kennedy Center in Washington, der Carnegie Hall in New York, beim Weltwirtschaftsforum in Davos/ Schweiz. Als die Taliban 2021 in Afghanistan wieder die Macht übernahmen, wurde das ANIM geschlossen und Huma Rahimi wurde mit ANIM nach Portugal evakuiert, wo sie nun ihre musikalische Karriere mit Ensembles des ANIM fortsetzt. 2022 trat sie mit dem ANIM Ensemble für traditionelle Musik bei einer ausgedehnten Tournee mit Konzerten in Deutschland, Belgien, Holland sowie in der Alten Oper Frankfurt und in der Elbphilharmonie Hamburg auf.
Ramiz Safar wurde 2003 in eine musikalische Familie in Kabul hineingeboren, in der sein Vater, ein professioneller Sänger und Instrumentalist und auch seine beiden Brüder musizierten. Er lernte zunächst die Grundlagen traditioneller afghanischer Musik bei seinem Vater und entwickelte schnell ein außergewöhnliches Talent als Rubabspieler. 2014 begann er eine musikalische Ausbildung am Afghanistan National Institute of Music ANIM, um sich auf das Rubabspiel zu spezilisieren. Als die Taliban 2021 in Afghanistan wieder die Macht übernahmen, wurde das ANIM geschlossen und Ramiz Safar wurde mit ANIM nach Portugal evakuiert. Zur Zeit lebt er in Braga in Nord-Portugal, wo er nun seine musikalische Ausbildung mit ANIM fortsetzt. Als Teil des ANIM Ensembles konnte er 2022 viele wichtige musikalische Erfahrungen sammeln und international auf kleinen und großen Bühnen stehen, zuletzt in Frankreich, den Niederlanden, in Belgien sowie in der Hamburger Elbphilharmonie beim Sufi-Festival 2022.
Er wurde 1972 im afghanischen Nangarhar geboren und wuchs in einer musikalischen Familie auf. Die Familientradition weiterführend studierte er mit Ustad Sabz Ali Khan an der Mia Sahib Qader Bakhsh Music High School klassische und traditionelle Perkussion und Komposition und schloss das Studium erfolgreich als Tabla-Meister ab. Anschließend bekleidete er den Lehrstuhl als Tabla-Meister des National Institute of Music in Afghanistan ANIM in Kabul und arbeitete zugleich langjährig als musikalischer Arrangeur für die Fernsehsender Ghazal Shpa Shamshad Radio & Television sowie Radio Television Afghanistan (RTA) mit namhaften Musiker*innen und Orchestern zusammen, bevor er im August 2021 nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul in Frankreich ins Exil ging. Er gehört in Frankreich als Künstler zur agency of artists in exile (AAE), der vom französischen Kulturministerium geförderten wichtigsten Selbstorganisation für geflüchtete und gefährdete Künstler alles Genres in Frankreich. Bis heute vermittelt Ustad Ibrahimi sein musikalisches Wissen an jüngere Generationen. Als mit dem ihm vom afghanischen Kulturministerium verliehenen Titel Maestro of Music professionell ausgebildeter Musiker spielte und spielt Ibrahimi zudem in diversen Formationen sowohl traditionelle afghanische Musik als auch Pop/Rock und Jazz - auch international in Frankreich, Deutschland, Spanien, Schweden, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Österreich und der Schweiz.
Das ANIM Ensemble für traditionelle Musik tritt auch mit verschiedenen Gastmusiker*innen auf, insbesondere mit dem ANIM Sufi Ensemble für spirituelle Musik, das unter der Leitung von Ustad Murad Sarkhosh sich spezialisiert hat auf vertonte und gesungene Poesie berühmter Sufi-Mystiker wie DschalÄl ad-DÄ«n Muhammad RÅ«mÄ« (geb. 1207 in der Provinz Balch) und seinem Lehrer Pir Shams Tabriz (1185–1248), Falak aus Badakhshan und dem Pamir Gebirge sowie spirituelle Musik religiöser Minderheiten wie Ismaili, Hazara.
Er wurde im Jahr 2000 in der nordostafghanischen Provinz Baghlan geboren, die an den Ausläufern des Pamir Gebirges liegt und bekannt ist als Ort des zoroastrischen Feuertempels Surkh Kotal, der von Zarathustra gestifteten Religion, die ursprünglich große Verbreitung im gesamten persischen Kulturkreis hatte. Er wanderte bereits als Jugendlicher nach Portugal aus, um sich als Sänger Gehör zu verschaffen, wozu er in Afghanistan keine Möglichkeiten hatte. Er gehört heute zu den besten Sängern des Pamir Sufi Ensembles, das sich im Ismaili-Zentrum Lissabon in Portugal unter Leitung von Professor Ustad Mohammad Murad Sarkhosh zusammengefunden hat und zu dem auch weitere exilierte afghanische Musiker*innen des ANIM gehören. Obaidulla Mirza trat dem Ensemble im Januar 2022 als Solist für Qawwali und Sufi Gesang aus Badakhshan bei. Obaidulla Mirza trat u.a. in Europa beim Sufi Festival in der Elbphilharmonie Hamburg 2022 auf.
Er wurde 2008 in der nordostafghanischen Provinz Badakhshan geboren. 2016 wurde er in die Musikschule des Afghanistan National Institute of Music ANIM aufgenommen und beginnt Rubab zu lernen. Schnell zeigt sich sein Talent, sodass er zum besten Rubab-Student des ANIM seiner Altergruppe wird. Als die Taliban 2021 in Afghanistan wieder die Macht übernahmen, wurde das ANIM geschlossen und Karamat Akseer mit ANIM nach Portugal evakuiert. Heute lebt er dort in der Familie von Ustad Murad Sarkhosh und ist aktuell dort aktiv in verschiedenen Ensembles und Programmen des ANIM. Karamat Akseer trat u.a. in Europa beim Sufi Festival in der Elbphilharmonie Hamburg 2022 auf.
Er wurde 2009 in der nordostafghanischen Provinz Badakhshan im Distrikt Shoghnan in eine Musikerfamile geboren. Er war einer der besten Rubab-Schüler des Afghanistan National Institute of Music ANIM bis zur Evakuierung 2021. Er begann bereits als Kind mit seiner Familie zu musizieren. Zunächst spielt er Daf mit seinem Vater Ustad Murad Sarkhosh, dann ab 2017 Blöckflöte an der Musikschule des ANIM bevor er sich entschied ab 2018 Rubab zu lernen. 2021 kam er mt seine Familie nach Portugal, wohin diese mit dem ANIM evakuiert wurde. Aktuell ist er aktiv in verschiedenen Ensembles und Programmen des ANIM in Portugal. Murtaza Sarkhosh trat u.a. in Europa beim Sufi Festival in der Elbphilharmonie Hamburg 2022 auf.
ANIM Ensemble für traditionelle Musik
Live at Theater Moliere in Brussels 4. Nov. 2022
Concert part 1:
* Huma Rahimi (Sitar) & Ustad Ibrahim (Tabla)
* Ramez Safar (Afghan rubab) & Ustad Ibrahimi (Tabla)
ANIM Ensemble für traditionelle Musik
Live at Theater Moliere in Brussels 4. Nov. 2022
Concert part 2:
Ustad Murad Sarkhosh - Ghichak, Gesang
Huma Rahimi - Sitar
Ramiz Safar - Afghanische Rubab
Ustad Bilal Asify - Harmonium
Ustad Ibrahim Ibrahimi - Tabla
02.11.2022 Düsseldorf/ DE - Jazzschmeide
03.11.2022 Kempen/ DE - Franziskanerkloster
05.11.2022 Leiden/ NL - DeX
07.11.2022 Rheine/ DE - Jekits (Workshop)
07.11.2022 Herne/ DE - Flottmann
08.11.2022 Rheine / DE - Jekits (Workshop)
09.11.2022 Essen/ DE - Jekits (Workshop)
10.11.2022 Wuppertal/ DE - Jekits (Workshop)
10.11.2022 Gelsenkirchen/ DE - Bleckkirche
11.11.2022 Gütersloh/ DE - Theater Gütersloh
13.11.2022 Paderborn/ DE - Aula Theodoranum
14.11.2022 Bergkamen/ DE - Marina Rünthe
15.11.2022 Hamm/ DE - Kulturbahnhof
16.11.2022 Brussels/ BE - Theater Moliere
17.11.2022 Wuppertal/ DE - Färberei
18.11.2022 Detmold/ DE - Alte Schule am Wall
19.11.2022 Bonn/ DE - Evang. Versöhnungskirche
21.11.2022 Frankfurt/ DE - Alte Oper Frankfurt
24.11.2022 Hamburg/ DE - Elphi+ Sufi Festival @ Speicherstadtmuseum
25.11.2022 Hamburg/ DE - Elbphilharmonie Sufi Festival